Presse 2022

 

SRF 06/2022 vom 07.06.2022

https://www.srf.ch/news/schweiz/geoblocking-enorme-preisunterschiede-bei-grenzpaket-shops

Von Rolf Gatschet und Flurin Maissen

Kundinnen und Kunden von ausländischen Online-Shops kennen den Ärger: Viele Anbieter versenden ihre Ware grundsätzlich nicht in die Schweiz. Daran haben auch die neuen Regelungen zum sogenannten Geoblocking nichts geändert, die seit anfangs Jahr in Kraft sind. Diese verbieten es ausländischen Shops, dass sie Kundschaft aus der Schweiz automatisch auf einen Schweizer Webshop umleiten –  zu meistens deutlich höheren Preisen. Eine Bestellung im ausländischen Shop muss also möglich sein und darf nicht mehr geblockt werden.

Grenz-Paketshops springen in die Lieferlücke

Aber eben: Die Lieferung in die Schweiz ist weiterhin nicht zwingend. In diese Lücke springen spezialisierte Grenz-Paketshops, welche die Lieferung in die Schweiz übernehmen. Diese funktionieren so, dass man die Ware an die Adresse des Lieferdienstes bestellt – und dieser leitet das Paket weiter in die Schweiz und übergibt sie dort der Schweizer Post, welche das Paket ausliefert.

«Kassensturz» hat in einer Stichprobe drei zufällig ausgewählte Anbieter ausprobiert. Schnell zeigen sich erste, grosse Unterschiede, sagt «Kassensturz»-Redaktor Rolf Gatschet: «Einige Dienste funktionieren nur mit einer eigenen Shop-Email, welche die Kundinnen einrichten müssen, was eher mühsam und unübersichtlich ist. Ein anderer verlangt einen Rechnungs- und Verzollungsbeleg, bevor die Ware geliefert wird.»

Die Redaktion liess sich von drei unterschiedlichen Lieferdiensten eine Körperemulsion vom gleichen Anbieter in die Schweiz liefern. Das Produkt kostet im Onlineshop des Schweizer Herstellers 59.90 Franken. Im deutschen Shop gerade mal 34.30 Franken. Also satte 42 Prozent weniger – für ein in der Schweiz hergestelltes Produkt notabene.

Preise vergleichen lohnt sich

Bestellt man das Produkt direkt beim Hersteller in der Schweiz, kostet es inklusive Versandgebühren 64 Franken 80. Bestellt man es in Deutschland über einen der drei ausgewählten Lieferdiensten, ist es nur in einem Fall spürbar billiger. Der Anbieter «Mein Einkauf» verrechnet insgesamt 52.10 Franken. Der Kunde spart also 24 Prozent.

Beim zweiten Lieferdienst «My Paketshop» kann man sich den Aufwand sparen: Die Einsparung beträgt nur gerade 1.75 Franken. Und beim dritten Anbieter «Grenzpaket» kosten Porto, Zoll und Shopgebühr insgesamt 79.20 Franken. Da zahlt die Kundin also gar 18 Prozent mehr.

Auf diese hohen Kosten angesprochen schreibt «Grenzpaket»: «Für den Zolldienstleister spielt es keine Rolle, ob der Endempfänger in der Schweiz ein Endkunde oder ein Unternehmen ist. (…) Ein Preisdumping in diesem Bereich hätte einzig zur Folge, dass ungeschultes Personal die Anmeldung macht und dies kann für den Anmelder, hier der Endkunde, rechtliche Folgen haben.»

Wie so oft gilt also auch hier: Hinschauen, vergleichen, abwägen – auch bei ausländischen Paketdiensten. Denn: Abgerechnet wird erst am Schluss.

https://www.srf.ch/news/schweiz/geoblocking-enorme-preisunterschiede-bei-grenzpaket-shops

 

 

Handelzeitung 04/2022 vom 09.04.2022

https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/meineinkauf-grunder-jan-bomholt-unsexy-ist-cool-brutal-cool

Von Andreas Güntert und Tim Höfinghoff

 

Wie gut kennen Sie Jeff Bezos?
Den Amazon-Chef habe ich noch nie kennengelernt.

Ist er Vorbild oder Gefahr?
Vorbild in Bezug auf Kundenerfahrung und Automatisierung. Gefahr diesbezüglich, dass er E-Commerce weltweit so dominiert, dass man von einem Handels- und Logistik-Monopol sprechen kann.

Solange Amazon nicht alle Waren in die Schweiz schickt, brummt bei Ihnen das Geschäft.
Das ist richtig. Wir sind aber vorbereitet für den Fall, dass das gesamte Amazon-Sortiment in der Schweiz verfügbar sein sollte, dass wir genügend andere Standbeine haben, um unabhängig vom Amazon-Geschäft zu sein. Wenn Amazon.ch kommen würde, dann hätte das einen Einfluss auf unser Geschäft.

Wann ist es so weit?
Ich würde sagen, nicht in den kommenden zwei Jahren, aber sicherlich innerhalb der nächsten zehn Jahre. Ich schätze, 60 Prozent des Sortiments von Amazon sind schon jetzt in der Schweiz verfügbar. 

Was ist Ihr Geschäftserfolg? Dass Schweizerinnen und Schweizer über meineinkauf.ch Waren von Amazon kaufen, die nicht in die Schweiz geliefert werden?
Das war zu Beginn so, da hatten wir einen Amazon-Anteil von 30 bis 40 Prozent bei den Bestellungen. Mittlerweile sind es noch 10 bis 15 Prozent. Auch wenn das noch weiter sinken würde, wäre das nicht dramatisch für uns. Es gib auch noch einen sehr interessanten Markt ausserhalb von Amazon.

Was machen Sie genau?
Wir helfen Schweizer Endkunden, diejenigen Waren in die Schweiz zu bekommen, die sonst nicht dorthin verschickbar sind. So müssen Kundinnen und Kunden die Ware nicht in Deutschland abholen.

Damit sind Sie reich geworden?
Reichtum ist relativ. Wir haben 200 Arbeitsplätze geschaffen und mit der Geschäftsidee bin ich glücklich.

Ihr Umsatz?
Mehrere Millionen Aussenumsatz im Monat.

[...]

https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/meineinkauf-grunder-jan-bomholt-unsexy-ist-cool-brutal-cool

 

Viele ausländische Internetshops liefern nach wie vor nicht in die Schweiz. Der K-Tipp sagt, wie man diese Blockade umgeht.

 

K-Tipp 03/2022 vom 09.03.2022

www.ktipp.ch/artikel/artikeldetail/internet-so-umgehen-sie-die-schweiz-sperre/

Von Markus Fehlmann

In den Schweizer Shops von ausländischen Internet­händlern zahlen Kunden aus der Schweiz teilweise einen massiven Zuschlag – oder sie werden gar nicht beliefert. Das zeigte vor kurzem eine K-Tipp-Stichprobe (K-Tipp 3/2022).

Diese Schweiz-Blockade lässt sich umgehen. Wer im Ausland Ware bestellt, kann sie sich über einen Weiterleitungsdienst direkt nach Hause liefern lassen. Der Dienst übernimmt die Verzollung. Beispiele: 

  • Eu4you.ch verlangt einen Grundpreis von Fr. 13.95 für die Weiterleitung, die Verzollung und das Porto. Dies gilt für Pakete bis zu 31,5 Kilo mit maximal vier Artikeln.
  • Bei Meineinkauf.ch zahlt man für die günstigste Weiterleitung Fr. 17.90. Das gilt für Pakete mit einem Gewicht bis 10 Kilo und maximal drei Artikeln. Pro weiterer Artikel verlangt Meineinkauf.ch zusätzliche Fr. 4.90.

Der Nachteil der Weiterleitungsdienste: Eine Rückerstattung der ausländischen Mehrwertsteuer ist nicht möglich. Wer in der Nähe der Grenze wohnt, fährt deshalb günstiger, wenn er die bestellte Ware persönlich im Ausland abholt. So geht man vor: Kunden können bei spe­zialisierten Firmen wie Grenzpaket.chMypaketshop.chund Paketshop4you.me eine Lieferadresse im Ausland einrichten. Pro geliefertes Paket kostet die Aufbewahrung je nach Grösse zwischen 2 und 10 Franken. Waren bis zu einem Wert von 300 Franken pro Person kann man so steuerfrei einführen und sich die aus­ländische Mehrwertsteuer zurückerstatten lassen.

https://www.ktipp.ch/artikel/artikeldetail/internet-so-umgehen-sie-die-schweiz-sperre/

 

 

NZZ 02/2022 vom 18.02.2022

https://www.nzz.ch/wirtschaft/geoblocking-verbot-preisrutsch-in-der-schweiz-ist-eine-illusion-ld.1668790

Von Andrea Martel

Online-Shops aus dem In- und Ausland düfen ihre Kunden aus der Schweiz nicht mehr diskriminieren. So steht es im revidierten Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das Anfang Jahr in Kraft getreten ist und neu auch Bestimmungen zum sogenannten Fernhandel enthält.

Konkret darf ein Onlinehändler seine Schweizer Kundinnen und Kunden nicht mehr ohne deren Einverständnis auf eine andere Version des Onlineportals weiterleiten, beispielsweise von der deutschen auf die Schweizer Website des Unternehmens, oder den Zugang zu einem Online-Shop blockieren oder einschränken, das sogenannte Geoblocking. Eine Schweizer Kundin muss also auch auf einer ausländischen Website bestellen können, wobei ein ausländischer Shop weiterhin keine Lieferung in die Schweiz anbieten muss.

Das Führen länderspezifischer Websites mit unterschiedlichen Preisen per se ist nicht verboten. Allerdings enthält das UWG neu auch eine Bestimmung, die eine Diskriminierung von Kunden in der Schweiz «beim Preis oder bei den Zahlungsbedingungen» verbietet, sofern es dafür keine sachliche Rechtfertigung gibt. Was genau das in der Praxis bedeutet, dürfte erst klar werden, wenn sich Gerichte mit konkreten Fällen befasst haben.

«Wichtiges Instrument» oder «zahnloser Tiger»?

Die Stiftung Konsumentenschutz sieht im neuen Gesetz – und speziell im Verbot des Geoblocking – ein wichtiges Instrument, um gegen die, wie es heisst, zu hohen Preise in der Schweiz vorzugehen. So können Kunden, die die inländischen Preise von Importprodukten als zu hoch erachten, auch online Einkaufstourismus machen. «In der EU ist Geoblocking schon seit 2018 verboten», erklärt die Geschäftsleiterin Sara Stalder. «Bei uns war es das bis jetzt nicht.» Mit dem revidierten UWG habe man erstmals einen Hebel, um gegen solche Praktiken vorzugehen. «Wir können Unternehmen ermahnen, dass sie gegen ein Gesetz verstossen.»

Spricht man mit Vertretern des Onlinehandels, tönt es allerdings ganz anders. «Ich erwarte praktisch keinen Effekt. Dass Firmen ihre Schweizer Kunden von ihren ausländischen Online-Shops fernhalten, kommt schon länger praktisch nicht mehr vor», sagt Jan Bomholt.

Bomholt weiss, wovon er spricht. Der Gründer und CEO von Meineinkauf.ch lebt davon, dass Schweizerinnen und Schweizer im grossen Stil auf ausländischen Websites einkaufen. Sein Unternehmen bedient Schweizer Konsumenten in jenen Fällen, in denen die ausländische E-Commerce-Site keine Lieferung in die Schweiz anbietet.

Mit einer Registrierung bei Meineinkauf.ch kann man sich seine Einkäufe nach Konstanz schicken lassen, wo sie für eine Gebühr von 17,90 Franken verzollt, über die Grenze gebracht und weitergeschickt werden. Mehr und mehr nehmen aber auch die ausländischen Onlinehändler die Dienstleistungen von Meineinkauf in Anspruch. Dies ist dann der Fall, wenn sie in die Schweiz liefern wollen, aber die grenzüberschreitende Logistik nicht selber stemmen können.

Auch Patrick Kessler, der Geschäftsführer des Branchenverbands Handelsverband.swiss, erwartet vom Geoblocking-Verbot kaum Auswirkungen. Eher werfen die neuen Bestimmungen im Gesetz für ihn neue Fragen auf: «Was heisst, dass jemand beim Preis oder beim Zahlungsmittel ohne sachliche Rechtfertigung nicht diskriminiert werden darf? Heisst das beispielsweise, dass es auch einem Kunden in der Schweiz erlaubt sein muss, in einem deutschen Shop auf Rechnung zu zahlen?»

Befürchtungen, dass nun viele Händler juristisch belangt werden, hat Kessler jedoch nicht, denn die neue Regulierung ist für ihn nicht nur überflüssig, sondern gleichzeitig ein «zahnloser Tiger». Da es sich bei Verstössen gegen das UWG nicht um ein Offizialdelikt handelt, werden die Schweizer Behörden nicht von sich aus aktiv. Es braucht eine Klage vor einem Zivilgericht. Aber wer reicht schon eine Klage ein, nur um günstiger online shoppen zu können? Für eine Einzelperson dürfte das eine ziemlich hohe Hürde sein.

Öffentlicher Druck

Das ist auch Sara Stalder klar. Wenn, dann müsste wohl die Stiftung für Konsumentenschutz aktiv werden, die ebenfalls klageberechtigt ist. Juristische Schritte seien vorstellbar, meint Stalder. Zurzeit gehe es jedoch eher darum, öffentlich Druck zu machen. Man sammle derzeit Hinweise aus der Bevölkerung, die bis Mitte Jahr ausgewertet würden. Die Schweiz sei ein lukrativer Markt; die hiesige Kundschaft mit unlauteren Praktiken zu verärgern, könnte sich negativ auf das Geschäft auswirken.

Stalder erklärt, dass bereits Hunderte von Hinweisen eingegangen seien. Bei wie vielen es sich allerdings um verbotenes Geoblocking handelt, muss sich noch weisen. Denn nicht allen Leuten dürfte klar sein, was nun eigentlich genau nicht mehr erlaubt ist. Sie fühlen sich bereits diskriminiert, wenn sie sehen, dass ein bestimmtes Produkt auf der ausländischen Website einer Firma günstiger ist als auf der Schweizer Site, oder wenn eine Lieferung in die Schweiz nicht angeboten wird.

Beides ist nach wie vor erlaubt – und zudem laut Bomholt auch legitim. Eine Sendung in die Schweiz koste einen ausländischen Händler nie weniger als 20 Franken Logistikkosten inklusive Retoure, in Deutschland seien es knapp 10 Euro. Insofern sei der Preisunterschied bei günstigen Produkten teilweise besonders hoch, da die Logistikkosten, die oft direkt in den Produktpreis integriert sind, dort stärker ins Gewicht fielen. So sei es etwa verständlich, wenn H&M für einen bestimmten Mantel im Schweizer Online-Shop 80 Franken verlange, das gleiche Stück im deutschen Online-Shop jedoch für 60 Euro anbiete.

Sehr ähnliche Preise

Hinzu kommt, dass viele Anbieter ihre Produkte nicht nur online, sondern auch in Ladengeschäften verkaufen. Und im stationären Detailhandel gelten je nach Land unterschiedliche Preisempfehlungen, entsprechend den unterschiedlichen Kosten etwa für Mieten oder Löhne. Die jeweiligen Online-Shops im Land werden dies realistischerweise nicht völlig negieren. Deshalb ist für Bomholt klar: «So lange es Offlinehandel gibt, wird es Preisunterschiede geben.»

Etwas anders ist es bei Dienstleistungen. Wenn keine Waren verschoben werden, fallen auch keine Logistikkosten an, und komplizierte Zollabfertigungen gibt es ebenfalls nicht. In diesem Bereich müssten die Preise sogar noch ähnlicher sein. Gemäss ein paar unrepräsentativen Testrecherchen ist dies allerdings auch tatsächlich der Fall.

Ein willkürlich ausgewähltes Angebot für Klubferien auf der griechischen Insel Kos etwa ist auf Tui.ch gerade einmal 4 Prozent teurer als auf Tui.de. Ein Auto auf Fuerteventura zu mieten, kostet auf Hertz.ch gleich viel wie auf Hertz.de (und weniger als auf der polnischen Website Hertz.pl). Das Software-Unternehmen Adobe wiederum bietet seinen Cloud-Foto-Service in der Schweiz derzeit sogar leicht günstiger an als auf der deutschen Website.

Transparenz wichtiger als Vorschriften

Wie es aussieht, ist also viel von dem, was die neuen Bestimmungen im UWG erreichen sollen, längst Realität: etwa günstigere Preise und mehr Auswahl für Schweizer Online-Shopper. Der wichtigste Treiber dieser Entwicklung war der Onlinehandel selber, hat er doch die internationale Preislandschaft transparenter gemacht. Auch das Geoblocking-Verbot in der EU dürfte der Schweiz genützt haben. Es hat den Firmen bereits vor vier Jahren klargemacht, dass diese Art von Abschottung keine Zukunft hat.

Das will nicht heissen, dass es sich nicht lohnt, weiter genau hinzuschauen. So stellten etwa die Tamedia-Zeitungen Anfang Jahr in einem Bericht fest, dass sich die deutschen Unternehmen TUI und Kare nicht an das Schweizer Geoblocking-Verbot hielten: Bei Tui.de wurden Kunden aus der Schweiz automatisch auf Tui.ch umgeleitet, bei Kare war die deutsche Website für Kunden aus der Schweiz gesperrt. Inzwischen setzen der Reiseveranstalter und der Möbelhändler, die als Begründung ein technisches Versehen bzw. eine Verzögerung bei der Umsetzung ins Feld geführt hatten, das Gesetz um.

Der mediale Pranger nützt allerdings auch nicht immer. Der deutsche Modehändler Walbusch etwa war im Januar Thema in der Sendung «Kassensturz», weil seine Produkte auf der Schweizer Website doppelt so teuer sind wie auf der deutschen. Geändert hat sich daran bis heute nichts. Aber wie erwähnt: Mit Geoblocking oder unlauterem Wettbewerb hat das nichts zu tun, höchstens mit einer etwas seltsamen Interpretation von Kundenfreundlichkeit.

https://www.nzz.ch/wirtschaft/geoblocking-verbot-preisrutsch-in-der-schweiz-ist-eine-illusion-ld.1668790