Presse 2018

"Amazon liefert 100 Millionen Artikel weniger " - Wirtschaftregional.li

 

Wirtschaftregional.li vom 07. Dezember 2018

https://www.wirtschaftregional.li/liechtenstein/wirtschaft/amazon-liefert-100-millionen-artikel-weniger;art173,361935

von Gary Kaufmann - Wer seine Weihnachtseinkäufe lieber vom Bürostuhl aus tätigt, hat gerade noch Glück gehabt: Wie der US-Onlineversand diese Woche rund 100 000 Schweizer Kunden mitteilte, sind sie ab dem 26. Dezember 2018 vom Einkaufen auf Amazon.com sowie anderen Domains ausserhalb des EU-Raums ausgeschlossen. Geschenkkarten-Guthaben lassen sich nicht auf die europäischen Seiten transferieren, weshalb das Unternehmen empfiehlt, diese vor der Frist einzusetzen.

Teilrevision der Mehrwertsteuer

Als Grund für diesen Entscheid werden in der Amazon-Mitteilung «Änderungen im Schweizer Steuergesetz» genannt. Genauer geht es um die Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes zur Versandhandelsregelung, die per 1. Januar 2019 in Kraft tritt und gemäss der Eidgenössischen Steuerverwaltung eine Gleichstellung zwischen den ausländischen und Schweizer Unternehmen anstrebt. Damit gelten neu auch sogenannte Kleinsendungen (Warenwert unter 65 Franken) als Inlandlieferungen, sobald man in der Schweiz mit diesen einen Umsatz von 100 000 Franken pro Jahr erzielt. Demzufolge müssen sich auch ausländische Versandhändler im MWST-Register eintragen lassen, wenn sie weiterhin in die Schweiz liefern wollen. Amazon konzentriere sich daher auf ihre fünf europäischen Websites, um die bürokratischen Prozesse zu erleichtern. «Kunden können weiterhin über die europäischen Websites einkaufen und an jede Schweizer Adresse liefern lassen», empfiehlt Christine Maukel, Manger Public Relations bei Amazon Deutschland, als Alternativen zur US-Domain.

«Ich verstehe die mediale Aufregung nicht ganz», meint Patrik Kessler, Präsident vom Verband des Schweizer Versandhandels (VSV). Er gehe davon aus, dass aus der Schweiz ohnehin nur wenige Bestellungen auf Amazon.com getätigt wurden. Zudem seien über die europäischen Seiten weiterhin 300 Millionen Artikel verfügbar, was rund 75 Prozent des US-Angebots entspricht. Für regionale Händler ergebe sich durch die neue Regelung nicht zwingend ein Vorteil, vielmehr für die Kunden. Bisher lässt die Gesetzgebung nämlich gewisse Türen offen, indem ausländische Versandhändler die Mehrwertsteuer von sich abwälzen können. In solchen Fällen fordert sie der Zoll dann vom Kunden ein, was oft für verdutzte Gesichter sorgt. «Durch eine saubere MWST-Registrierung erleben die Schweizer auf der Abrechnung keine Überraschungen mehr», erläutert Kessler. Mit der frühzeitigen Reaktion nehme Amazon seiner Meinung nach eine Vorbildrolle ein. Wie bei jeder neuen Verordnung gäbe es gewisse Trittbrettfahrer. Gerade die kleineren Händler, wie sie beim chinesischen Alibaba.com zu finden sind, seien schwieriger ausfindig zu machen. «Es ist bloss eine Frage der Zeit, bis auch hierfür Lösungen gefunden werden», hält der VSV-Präsident fest.

Auch Jan Bomholt, Geschäftsführer vom Grenz-Paketlieferdienst «MeinEinkauf», geht davon aus, dass sich für die Schweizer Amazon-Kunden wenig bis überhaupt nichts ändere. Bei den Artikeln, welche ab dem kommenden Jahr nur noch ausserhalb Europas erwerblich sind, handle es sich hauptsächlich um unabhängige Dritthändler, die ihre Waren über den «Marketplace» von Amazon anbieten. «Wir sind gespannt, ob durch die neue Regelung nun die Bestellungen bei uns zunehmen.»

Ähnliche Situation in Liechtenstein

Wie die Liechtensteinische Steuerverwaltung auf Anfrage bestätigt, gelten für das Fürstentum ab dem 1. Januar 2019 dieselben Bedingungen analog zur anderen Seite des Rheins. Da allerdings so gut wie jeder Versandhändler sowohl in die Schweiz als auch nach Liechtenstein liefert, ist nur eine MWST-Registrierung notwendig. Diese kann bei der Eidgenössische Steuerverwaltung in Bern über ihre Homepage beantragt werden. Die Liechtensteiner Behörde kündigt an, eine entsprechende Information bis Ende Jahr zu publizieren.

https://www.wirtschaftregional.li/liechtenstein/wirtschaft/amazon-liefert-100-millionen-artikel-weniger;art173,361935

"US-Gigant liefert nicht mehr in die Schweiz - So umgehen Sie die Amazon-Blockade" - Blick.ch

 

Blick.ch vom 05.12.2018

https://www.blick.ch/news/wirtschaft/us-gigant-liefert-nicht-mehr-in-die-schweiz-so-umgehen-sie-die-amazon-blockade-id15053177.html

von Christian Kolbe - Das Internet-Portal Amazon.com liefert nicht mehr in die Schweiz. Und das schon ab 26. Dezember. Der Grund: Der Internet-Gigant müsste künftig auch für Klein-Lieferungen Mehrwertsteuer bezahlen. Das stinkt den Amis offenbar.

Für all die Schweizer Kunden von Amazon.com war es ein kleiner Schock, als bekannt wurde, dass die Website keine Artikel mehr in die Schweiz liefert. Das gilt ab 26. Dezember und auch für alle anderen Amazon-Websites ausserhalb der EU. Einzig auf Portalen wie Amazon.de, -.it oder -.fr lässt sich noch aus dem riesigen Warenkorb von Amazon.com naschen. Die Auswahl auf den europäischen Portalen aber ist kleiner. 

Der Grund für den US-Rückzieher: Bis anhin war der Internet-Gigant von der Erhebung der Mehrwertsteuer für Kleinsendungen bis zu einem Wert von 65 Franken von der Abgabe befreit. Das heisst, Sendungen, bei denen weniger als fünf Franken Mehrwertsteuer angefallen wären.

Neu gilt diese Ausnahme für Grosshändler mit einem Umsatz von über 100'000 Franken nicht mehr. Eine  Summe, die Amazon.com global in ein paar Minuten erreichen dürfte. 

Keiner versteht das Verhalten von Amazon.com

Ein paar Stunden später bleibt nach der Aufregung nur noch Kopfschütteln: «Das Verhalten von Amazon.com kommt mir vor wie das Gebaren einer Diva, sagt etwa Konsumentenschützerin Sara Stalder (51). «Amazon.com hat den Schweizer Markt nicht nötig.» Das bestätigen auch Zahlen: Rund 600 Millionen Franken Umsatz macht Amazon über seine Portale mit Schweizer Kunden. Gut zehn Prozent über Amazon.com. 

Alle von BLICK befragten Experten sind sich einig: Der Verzicht von Amazon.com ist kein grosser Verlust für die Schweizer Konsumenten. Die Änderung bei der Mehrwertsteuer angestossen hat Patrick Kessler (50), Präsident und Geschäftsführer des Verbands Schweizer Versandhandel. Die Freude über seinen Erfolg hält sich in Grenzen. Ihm ging es vor allem um gleich lange Spiesse der Schweizer Versandhändler mit der ausländischen Konkurrenz. Klar ist für ihn: «Amazon.ch wird es nicht geben, aber über die europäischen Plattformen wird Amazon in der Schweiz noch mehr an Gewicht gewinnen», so Kessler. Fazit: Ein Rinnsal versiegt, der Strom von Waren des Internetgiganten in die Schweiz fliesst weiter. 

Umweg über Deutschland wird teuer

Das sieht auch Jan Bomholt (44) von Meineinkauf.ch so. Seine Plattform bietet Lieferadressen in Deutschland an – um Waren aus Online-Shops zu bestellen, die nicht in die Schweiz liefern: «Für uns heisst das, dass wir wahrscheinlich ab 2019 mehr aus den USA sehen werden, das via Meineinkauf.ch in die Schweiz geliefert wird, da Lieferungen nach Deutschland ja weiter über Amazon.com möglich sind.» Der Wermutstropfen: auf diesem Weg können bis zu vier Mal höhere Zollgebühren anfallen als bei einer direkten Lieferung in die Schweiz. 

https://www.blick.ch/news/wirtschaft/us-gigant-liefert-nicht-mehr-in-die-schweiz-so-umgehen-sie-die-amazon-blockade-id15053177.html

 

"Amazon.com sperrt Schweizer Kunden aus" - 20min.ch

 

20minuten.ch vom 04. Dezember 2018

https://www.20min.ch/finance/news/story/Amazon-com-sperrt-Schweizer-Kunden-aus-24117646

von Sandro Spaeth -  Der Online-Gigant Amazon.com liefert ab dem 26. Dezember nicht mehr in die Schweiz. 100'000 Kunden sind betroffen. Für die hiesigen Händler ist das ein Etappensieg.

Amazon ist das Schreckgespenst für die Schweizer Online- und Versandhändler. Noch im Frühling dieses Jahres sah es danach aus, als würde der Start von Amazon.ch kurz bevorstehen. Nun ist Amazon fürs Erste verscheucht, zurückgedrängt von Schweizer Gesetzen: Am Montagabend hat Amazon.com die rund 100'000 Schweizer Kunden darüber informiert, dass nach dem 26. Dezember 2018 von der US-Website nicht mehr in die Schweiz geliefert werden kann.

Den Schweizer Kunden rät Amazon.com, bei europäischen Ablegern wie Amazon.de oder Amazon.it zu bestellen. Im Vergleich zum 300 Millionen Artikel starken Amazon US-Sortiment ist die Auswahl bei den europäischen Ländershops massiv kleiner, aber stark wachsend. Bei Amazon.de werden von Händlern täglich 160'000 neue Produkte gelistet, wie auf einer Branchenkonferenz zu hören war.

Gleich lange Spiesse für alle Shops

Hintergrund des Lieferstopps in die Schweiz ist eine neue Regel bei der Mehrwertsteuer, die ab 2019 in Kraft tritt. Neu werden ausländische Versandhändler, die mit Kleinsendungen weltweit über 100'000 Franken Umsatz pro Jahr erzielen, steuerpflichtig. Das gilt auch für Amazon. Bis anhin konnten beim US-Giganten bestellte Kleinsendungen mit einem Wert bis 65 Franken abgabenfrei in die Schweiz eingeführt werden. Dies, weil die geschuldete Mehrwertsteuer von 5 Franken oder weniger von den Zollbehörden nicht erhoben wird. Die Gesetzesänderung angestossen hat der Verband Schweizer Versandhändler (VSV), der stets gleich lange Spiesse für inländische und ausländische Händler gefordert hatte. Für den Bund bedeutet die neue Regelung zusätzliche Mehrwertsteuereinnahmen von geschätzten 20 Millionen Franken.

Trotz des Vorlaufs von einem Jahr scheint Amazon nicht in der Lage gewesen zu sein, die neue Schweizer Regelung umzusetzen: «Eines der wertvollsten Unternehmen der Welt resigniert vorerst vor der Schweiz. Das ist ein Etappensieg für den Schweizer Handel», sagt E-Commerce-Experte und Meineinkauf-CEO Jan Bomholt zu 20 Minuten. Für ihn ist klar, dass dass es in absehbarer Zeit kein Amazon.ch mit Preisen in Schweizer Franken geben wird.

Viel Aufwand für wenig Umsatz

Für Amazon scheint die Schweiz einfach nicht wichtig genug zu sein, die Umsätze sind zu klein. Berichten zufolge nach belaufen sich die Amazon.com-Umsätze in der Schweiz auf rund 65 Millionen Franken, was aber auch daran liegt, dass schon heute nur eine kleiner Teil des gigantischen Amazon-Sortiments in die Schweiz geliefert wird.

Amazon schreibt, man fokussiere international auf Webseiten für Länder wie etwa Australien, Brasilien, Kanada oder Deutschland. Laut Experte Bomholt ist es für Amazon eine Kosten-Nutzen-Frage: «Wenn man für Millionen von Artikeln Angaben für die Schweizer Zollbehörden sowie den Mehrwertsteuersatz in einer Datenbank hinterlegen muss, sich der Artikel aber fast nie in die Schweiz verirrt, ist der Entscheid nachvollziehbar.» Bomholts Firma Meineinkauf verdient Geld damit, Schweizer Kunden Einkäufe bei ausländischen Versandhändlern zu ermöglichen.

«Vielleicht überschätzen wir Amazon»

Beim Verband des Schweizer Versandhandels (VSV) will Geschäftsführer Patrick Kessler nicht jubeln und sagt, er könne nicht ganz nachvollziehen, warum Amazon so reagiert habe. «Es muss irgendwelche prozessualen Abwicklungsprobleme mit den Schweizer Zoll- und Mehrwertsteuerangaben geben», vermutet Kessler. Im digitalen Zeitalter sei es gerade für Amazon keine Kunst, die Schweizer Gesetze umzusetzen. In den USA sei das Steuerrecht viel komplizierter. «Aber vielleicht schätzen wir die Fähigkeiten von Amazon manchmal auch ganz einfach falsch ein», sagt Kessler. 

Zudem merkt der VSV-Geschäftsführer an: «Die Schweiz macht es dem internationalen Handel mit den Schweiz-eigenen Deklarationspflichten und fast einmaligen Gewichtsverzollung sehr schwer, Ware in unser Land zu verschicken», erklärt Kessler. Vielleicht sollte sich der Gesetzgeber die Beweggründe von Amazon.com mal genauer anschauen.

Amazon.com als erstes Opfer 

Wie geht es nun für andere ausländische Onlinehändler und Marktplätze weiter, etwa den Amazon-Rivalen Wish aus China? Für diese Plattformen gilt die gleiche Regelung. Erreicht ein einzelner Händler 100’000 Franken Umsatz, wird er steuerpflichtig. Das Problem ist jedoch, dass Schweizer Behörden nicht unbedingt identifizieren können, wann ein Händler diese Summe erreicht. Denn einige Versender wechseln ständig die Identität und täglich kommen bis zu 70’000 China-Sendungen in der Schweiz. Für E-Commerce-Experte Bomholt ist klar: «Amazon.com ist nur das erste Opfer.»

https://www.20min.ch/finance/news/story/Amazon-com-sperrt-Schweizer-Kunden-aus-24117646

"Keine Lieferung mehr an Schweizer Adressen durch Amazon.com (USA)" - Carpathia.ch

 

Carpathia.ch vom 03. Dezember 2018

blog.carpathia.ch/2018/12/03/amazon-com-schweizer-lieferadressen/

von Thomas Lang - Amazon informierte heute Abend alle Schweizer Kunden ihrer us-amerikanischen Website Amazon.com per E-Mail, dass ab dem 26. Dezember 2018 Schweizer da nicht mehr einkaufen könnten rsp. keine Lieferungen mehr in die Schweiz erfolgen würden. Ausgenommen davon seien digitale Güter wie E-Books u.a.

Begründet wird diese Änderung durch die per 1. Januar 2019 in Kraft tretende Änderung für internationale Händler. Im Klartext, ab dem kommenden Jahr sind alle internationalen Händler mit einem globalen Gesamtumsatz von über CHF 100’000 bei Lieferungen in die Schweiz zur Abgabe der MwSt verpflichtet, ab dem ersten Franken, ohne Freigrenze.

"Unternehmen, die weltweit einen Umsatz von mindestens 100‘000 Franken erzielen, werden ab dem ersten Franken Umsatz in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig."

Die Teilrevision der MwSt trat bereits per 1. Januar 2018 in Kraft. Für den Versandhandel musste diese Frist um 1 Jahr verlängert werden, da die Post aufgrund ihrer IT-Releaseplanung erst jetzt soweit ist (Die Schweiz auf dem Weg zur Bananenrepublik).

Amazon weist die Kunden mit Schweizer Lieferadressen darauf hin, in Zukunft bei EU-Sites wie Amazon.de, Amazon.fr, Amazon.it, Amazon.es oder Amazon.co.uk zu bestellen.

Man darf davon ausgehen, dass sich das US-Unternehmen mit dieser Massnahme nicht der Schweizer MwSt unterwerfen will und diese Abführung und Abrechnung den Niederlassungen in den EU-Ländern aufbürdet. Oder wie es Mark Steier bei Wortfilter nennt:

"Es ist wirklich überraschend, dass Amazon.com den Handel mit Schweizer Kunden aufgibt. Was könnten die Ursachen sein? Das Gesetz ist sehr schnell von der Schweizer Politik an den Start gebracht worden. Wahrscheinlich so schnell, dass Amazon.com nicht selbst hierauf zeitgerecht reagieren kann."

Die Tragik ist von beschränkter Reichweite, denn…

  • 1.…die Umsätze aus der Schweiz bei Amazon.com belaufen sich für 2017 nach unserer Schätzung lediglich auf CHF 65 Mio. Die Ländersites wie Amazon.de, Amazon.fr oder auch Amazon.it sind hier deutlich dominanter (Die umsatzstärksten Schweizer Onlineshops 2018).
  • 2.…bereits heute ist nur ein Rumpfsortiment von Amazon.com überhaupt in die Schweiz lieferbar, wodurch sich wieder Punkt 1 erklären lässt.
  •  
  • Eine Amazon.ch Domäne scheint in naher Zukunft wenig realistisch und auch ein Verkauf in CHF. Amazon ist ein internationaler Konzern und die Schweiz ein sehr beschränkter Markt aus deren Perspektive.

Freuen wird dies Dienstleister wie meinEinkauf.ch welche mit einer Lieferadresse in Deutschland für Schweizer Kunden das Shopping auf der „Mutter-Site“ von Amazon nach wie vor ermöglicht und die mwst-konforme Verzollung übernimmt.

https://blog.carpathia.ch/2018/12/03/amazon-com-schweizer-lieferadressen/

 

"Geschäfte an der Grenze" - Liechtensteiner Vaterland

Liechtensteiner Vaterland vom 8. Oktober 2018

http://www.vaterland.li/liechtenstein/wirtschaft/geschaefte-an-der-grenze;art173,351089

von D. Alber - Das Geschäft der Grenzpaket-Stationen wächst seit Jahren. Dass Online-Shoppen im Ausland für Schweizer und Liechtensteiner teurer werden soll, dürfte dem Geschäft nochmals Auftrieb verleihen.

Weil jeder fünfte Online-Franken ins Ausland geht, floriert ein neues Geschäft an der Grenze. Auch in Feldkirch wächst die Paketflut seit Jahren spürbar, wie Jürgen Binder vom Unternehmen Grenzpaket erklärt.

Schweizer und Liechtensteiner kaufen gerne online ein: Mehr als drei Viertel der Bevölkerung werden im laufenden Jahr im Netz shoppen, wie das Marktforschungsinstitut «eMarketer» in einer aktuellen Studie zeigt. Die Umsätze aus dem Online-Shopping sollen dieses Jahr sogar auf über 8 Milliarden Franken steigen, so die Prognose. Das ist ein Plus von über 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dennoch macht der Umsatz von Waren, die im Internet bestellt werden, nur gerade 5 Prozent am gesamten Einzelhandel in der Schweiz aus. Vom Online-Geschäft profitieren vor allem ausländische Unternehmen – sprich Zalando und Amazon. Auch in der Region sieht es ähnlich aus. Weil grosse Online-Shops viele Produkte nicht nach Liechtenstein und der Schweiz liefern, wird kurzerhand eine Lieferadresse in der Nähe der Grenze genutzt – zum Beispiel in Feldkirch.

Es hat sich in den vergangenen Jahren eine Dienstleisterbranche in den grenznahen Gebieten entwickelt, die es in dieser Form zuvor nicht gab. Schweizer und Liechtensteiner lassen ihre Pakete, die sie über einen Internetversand bestellen, nicht nach Hause, sondern an eine Adresse in Österreich oder Deutschland liefern. Dort holen sie ihre Pakete gegen eine Gebühr ab und bringen sie selbst über die Grenze. Dadurch sparen sich die Kunden aus dem Frankenraum die hohen Versandkosten – und den Zoll, der für Lieferungen über die Grenze fällig wird. Und als Sahnehäubchen obendrauf gibt es die Mehrwertsteuer auch noch zurück.

Fürstliche Geschäfte in Feldkirch

Das spürt auch der Vorarlberger Jürgen Binder. Er führte 14 Jahre lang als Pächter den Adeg in Tisis – einen kleinen Supermarkt nicht weit hinter dem Grenzübergang Schaanwald. Vor sechs Jahren kam der Geschäftsführer des Unternehmens Grenzpaket auf ihn zu, ob er nicht als Franchise-Nehmer und Partner eine Paketstation in Feldkirch betreiben möchte. Angefangen im Lager des Adeg mit anfangs drei bis vier Paketen im Monat hat sich Jürgen Binder heute mit seiner eigenen Grenzpaketstation selbständig gemacht. Seit gut einem Jahr betreibt er diese direkt hinter dem Grenzübergang   – in einem Gebäude, das früher eine Weberei war.

Von der damals florierenden Textilbranche ist nicht mehr viel zu sehen, ausser die hohen Decken für die Web- stühle und die Lüftungsschlitze in der Decke für die Maschinen. Heute stapeln sich hier Pakete bis zur Decke. Die meisten sind von Amazon. Doch auch von anderen Online-Shops stehen hier Kartons, die auf ihre Kunden warten. «Ich habe inzwischen ein paar tausend Kunden», erzählt Binder. Viele von ihnen kommen aus Liechtenstein, Buchs und der Region. Doch es gibt sogar Kunden, die von St. Moritz oder Zürich bis nach Feldkirch fahren, um ihre bestellte Ware abzuholen. Am Tag trudeln bei Binder bis zu 100 Pakete ein. Bis zu 300 Kunden kommen im Jahr dazu. Binder ist ein Partner von Grenzpaket, mit dem er einen Vertrag abgeschlossen hat. Das Unternehmen aus Deutschland hat 100 Paketshops in unmittelbarer Nähe zur Schweizer und Liechtensteiner Grenze aufgebaut. Ein Teil der Einnahmen bleibt bei Binder hängen, der Rest geht an Grenzpaket. Aber dennoch ist er sehr zufrieden, weil das Geschäft gut läuft.

Ein florierendes Geschäft

Wie rasant jenes wachsen kann, das weiss auch der Unternehmer Jan Bomholt. «Jedes Jahr wachsen wir 15 bis 20 Prozent», erklärt der Geschäftsführer von MeinEinkauf AG mit Sitz in St. Gallen. 200 000 Kunden hat das Unternehmen bereits, das seine ganze Logistik  – wie könnte es anders sein – direkt an der Grenze abwickelt, sprich in Konstanz. Innerhalb eines Tages liefern Jan Bomholt und sein Team Pakete, die in seinem Lager in Konstanz eintrudeln, an seine Kundschaft über der Grenze. Einige Kunden stammen auch aus dem Rheintal und knapp 1000 Kunden aus Liechtenstein beliefert er mit seinem Team. Der Nachteil daran ist, dass Kunden auf diesem Weg keine Mehrwertsteuer zurückbekommen. Der Grund dafür liegt daran, dass Bomholts Kunden Pakete nicht abholen, sondern er jene frei Haus liefert. Dadurch sind es gewerbliche Ausfuhren. Nur Privatpersonen, die ihre Waren selbst über die Grenze fahren, können die Mehrwertsteuer zurückfordern. Sie lassen ihre Ware einfach beim Zoll abstempeln. Die Rückerstattung liegt dann aber als freiwillige Leistung beim Händler. Der Vorteil am System der Lieferung ist aber, dass sich Kunden um nichts kümmern müssen.

Amazon kommt doch nicht?

Am Tag bringt Bomholt 500 bis 1000 Pakete über die Grenze in die Schweiz. Damit erwirtschaftet er einen niedrigen, zweistelligen Millionenbetrag. «Wir verzollen täglich», betont der Geschäftsmann. Für Jan Bomholt ist klar, dass das Geschäft auch weiterhin florieren wird. Dass die Post zum Beispiel mit Amazon einen Vertrag unterschrieben hat, der die Verzollung und Lieferung der Amazon-Pakete vereinfachen soll, das macht Bomholt keine Sorgen. Für den zuletzt arg gebeutelten Schweizer Detailhandel platzte mit der Nachricht dieser Kooperation eine Bombe. Der Marktangriff des Konzerns mit einem Börsenwert von rund einer Billion Dollar wurde schon seit längerem erwartet. Bisher sind die Amazon-Pakete sehr kompliziert in die Schweiz geliefert worden – nämlich über Belgien. Von einem zentralen Lager gehen von dort alle Nicht-EU-Pakete in die Schweiz und nach Liechtenstein.

Für Amazon-Kunden hatte dies zur Folge, dass nicht das ganze Sortiment verfügbar und die Sendungsabwicklung kompliziert war. Doch die Angst vor Amazon ist laut Bomholt übertrieben. «Es gibt immer mehr Artikel von Drittanbieter auf Amazon». 80 Prozent besteht aus Fremdsortiment. «Amazon hat trotz der Zusammenarbeit mit der Post keine Lösung für Drittanbieter.» Damit spielt der Unternehmer auf den Amazon Marketplace an. Der Konzern bietet Firmen an, ihre Produkte als Drittanbieter auf Amazon zu verkaufen. Weil jeder Händler aber selbst eine Zollerklärung ausfüllen müsste, sieht es für die Grenzpaket-Geschäfte weiterhin rosig aus.

«Wir sind noch einige Jahre davon entfernt, dass Schweizer und Liechtensteiner das volle Sortiment, das es auf Amazon gibt, auch bestellen können», ist Bomholt überzeugt. Die meisten Kunden nutzen seinen Service dabei nicht aus Preisgründen, sondern hauptsächlich wegen der Verfügbarkeit. Viele Shops aus Österreich und Deutschland liefern nicht ins Ausland.

http://www.vaterland.li/liechtenstein/wirtschaft/geschaefte-an-der-grenze;art173,351089

"Fokus Schweiz" - Onlinehändler News.de

Onlinehändler Magazin, Q3/2018

 https://www.onlinehaendler-news.de/downloads/onlinehaendler-magazin

von Julia Ptock  - Während der Warenversand innerhalb der EU für Online-Händler relativ unkompliziert ist, müssen sich Händler, die in die Schweiz versenden, einigen Herausforderungen stellen. Die Themen Mehrtwertsteuer, Zoll sowie Zollinhaltserklärungen und Retouren sollte jeder auf dem Schirm haben.  Was es zu beachten gilt und was Schweizer Online-Shopper von deutschen Online-Händlern erwarten, haben wir an dieser Stelle einmal genauer unter die Lupe genommen.

 

"Die nächste Schlacht – jenseits von Amazon" - BILANZ

Bilanz vom 14. Juli 2018

https://www.bilanz.ch/people/die-nachste-schlacht-jenseits-von-amazon

von Philipp Albrecht - Im Schweizer E-Commerce herrscht höchste Nervosität. Schuld ist für einmal nicht Amazon. Die Unruhe wird verursacht von Migros und Coop.

Wir sind so klein, dass sich Amazon nicht für uns interessiert», sagt ein Mann, der fast zwei Meter gross ist. Jan Bomholt hat einen festen Händedruck und ein herzliches Lächeln. 2012 kam der Wahlschweizer beim Spaziergang durch Konstanz auf eine geniale Geschäftsidee. Sechs Jahre später setzt er mit MeinEinkauf.ch einen tiefen zweistelligen Millionenbetrag um und beschäftigt 60 Leute.

Bomholt bewegt Ware aus deutschen Onlineshops in die Schweiz, die sonst nicht hierher geliefert wird oder hier viel zu teuer ist. Er zählt fast 200 000 registrierte Kunden. Jeden Tag kommen 200 neue dazu. Man könnte MeinEinkauf.ch als eine Art Marktplatz bezeichnen. Als einen ­Kanal, der den Konsumenten die Ware bereitstellt. Wie Amazon. Der US-Gigant macht geschätzt die Hälfte seines Handelsumsatzes mit dem Marktplatzmodell. Dass Amazon nun einen Deal mit der Post ab­geschlossen hat, um einfacher Ware ins Nicht-EU-Land Schweiz zu liefern, müsste Bomholt eigentlich Sorgenfalten auf die Stirn zeichnen. Denn auf der Mehrheit der Päckli, die über MeinEinkauf.ch laufen, prangt das Amazon-Logo.

Doch Bomholt bleibt cool. «Ich schlafe weiterhin gut», sagt er. 82 Prozent seiner Amazon-Bestellungen stammen von Marktplatzhändlern. Die haben keinen Deal mit der Schweizer Post, weil sie ihre Ware selber verschicken. Amazon ist für sie nur die Verkaufsplattform. Noch dieses Jahr soll die Post die digitale Verzollung für Amazon-Pakete starten. Die Marktplatzware wird nicht dazugehören. Weiterhin sind bei diesen Dritthändlern die Retouren nicht geregelt, und es besteht die Gefahr, dass dem Besteller nach der Lieferung eine ­zusätzliche Rechnung vom Zoll ins Haus flattert. «Es wird sich also kaum etwas ­ändern», sagt Bomholt. Weder die Post noch Amazon wollen das kommentieren. Auch der Amazon Prime Day, den der Konzern für den Montag ausgerufen hat, spielt für Bomholt kaum keine Rolle. Zwar haben rund 100'000 Schweizer Kunden ein Prime-Abonnement – es nützt ihnen allerdings wenig.

Die Gefahr für Bomholt kommt nicht von aussen. Vielmehr müsste ihm Sorgen machen, was Migros und Coop gerade aufbauen. Wie überall im Schweizer Detailhandel wollen die beiden Grossverteiler auch online den Markt beherrschen. Und die Stimmung zwischen den beiden ist mehr als gereizt.

Niederlage für Joos Sutter

Ende Mai in Jegenstorf BE. Coop-Chef Joos Sutter schüttelt freundlich Hände. Kaderleute und Lokalpolitiker stossen an. An der Einweihung des neuen Logistik­zentrums der Coop-Töchtergesellschaften Interdiscount und Microspot lässt er sich an diesem ­Morgen die Niederlage nicht anmerken. Kurz zuvor beschloss Coop das Ende des Online-Marktplatzes Siroop. Ein Mega-Flop, sagen einige. Andere finden, man hätte noch ein paar Jahre durchhalten sollen. Sutter ­lächelt das Versagen routiniert weg. In seiner Rede zeichnet er das Bild einer organischen Fusion.

«Siroop ist die ideale Ergänzung für Microspot», bekräftigt er. Man setze nun auf eine Marke statt auf verschiedene. Der schöne Erweiterungsbau ist an diesem Morgen nur Neben­schauplatz. Der Coop-Chef nutzt die Veranstaltung, um eine Kampfansage an die ­Migros zu platzieren. Die Einbindung von Siroop in Microspot werde die Wirkung einer Giesskanne haben, «die man vorne mit einer Düse versieht».

Noch während Sutter spricht, veröffentlicht die Migros-Tochter Digitec Galaxus eine Medienmitteilung, in der sie eine ­ ­Kooperation mit der Premium-Möbelmarke Teo Jakob ankündigt. Bald würden «hochwertige Kleider sowie Schmuck und Beauty-Produkte» dazukommen. Coop kontert mit einer Mitteilung zur Lager-Eröffnung: «Interdiscount und Micro­spot starten Online-Offensive.»

Wie immer: Migros und Coop. «Es ist ein harter Kampf um die Nummer eins im Schweizer Onlinehandel», stellt Patrick Kessler fest, Präsident des Verbands des Schweizer Versandhandels (VSV). «Keiner der beiden mag dem anderen etwas ­gönnen», beobachtet Thomas Lang vom E-Commerce-Berater Carpathia.

Der Eindruck täuscht nicht: Es geht 2018 Schlag auf Schlag im Schweizer Onlinehandel. «Die Nervosität in der Branche ist sehr hoch», sagt Roland Brack, Gründer von Brack.ch. Offenbar wurde nun nach dem Siroop-Ende eine Regel in Stein gemeisselt: Wer nicht schon seit Jahren im Markt ist, hat kaum mehr eine Chance.

Microspot gibt es seit 1980 und war früher ein seriöser Interdiscount-Konkurrent. 1996 kaufte Coop beide Formate auf und schloss die Microspot-Filialen. 2007 erweckte Joos Sutter, damals Interdiscount-Chef, die Marke als Onlineshop zu neuem Leben. Die Bekanntheit ist noch heute ­bescheiden.

Microspot.ch ist allenfalls für Tiefstpreise bekannt. Experten loben aber Aufbau und Schnelligkeit des Onlineshops: «Die Startseite kommt ohne sichtbares Produktemenu aus», sagt Thomas Lang. «Das ist schon sehr innovativ.» Microspot wird einzelne Siroop-Leute übernehmen und für sie einen Standort in Zürich be­treiben. Die ehemaligen Siroop-Kunden lockt man dieser Tage per Gutschein herüber: Wer sich auf Microspot.ch registriert, erhält 50 Franken Rabatt.

Digitec Galaxus wagt Abenteuer Deutschland

Ob Microspot das Zeug hat, Galaxus als Marktplatz gefährlich zu werden, ist fraglich. Der Name ist noch stark mit Heimelektronik verbunden. Aus genau diesem Grund hat Erzfeind Digitec 2012 auch Galaxus gegründet. Die Frage ist eher, ob man überhaupt an der Marktmacht von Digitec Galaxus rütteln kann. Die beiden listen zusammen fast zwei Millionen Produkte. Die Migros hatte 2012 den besseren Riecher als Coop und beteiligte sich an der Firma. Dank einer Marketingrakete, wie sie nur der orange Riese zünden kann, erhöhte sich der Umsatz von Digitec Galaxus auf zuletzt 861 Millionen Franken. Viermal so viel wie Microspot. 2018 werde man wohl die Milliardengrenze knacken, stellte der Einkaufschef kürzlich an der E-Commerce-Konferenz «Connect» in Aussicht.

Gut möglich, dass die Deutschland-Expansion von Galaxus nur eine Tarnung für die Migros ist.

Noch im laufenden Jahr will man in Deutschland starten. Mit ihrem Umsatz wäre Digi­tec Galaxus dort der fünftgrösste Onlinehändler. Doch über die Chancen von Galaxus streiten sich die Experten. «Kein Netzwerk, keine Erfahrung, keine Credibility», urteilt ein Branchenkenner, für den die Expansion «absolut null Sinn» macht. Carpathia-Mann Lang hingegen ­findet den Schritt «mutig und durchaus erfolgversprechend».

Genauso uneins sind sich die Kenner in Deutschland: «Ich glaube nicht, dass ­Galaxus hier eine grosse Chance hat», sagt Mark Steier von Wortfilter.de. «Wenn sie wie angekündigt nur moderat ins Marketing investieren, reicht das höchstens für 25 bis 35 Millionen Umsatz pro Jahr.» ­Optimistisch dagegen ist Jochen Krisch von Exciting Commerce, der den Schweizern fünf Jahre nach Markteintritt einen dreistelligen Millio­nen­umsatz zutraut.

Dabei könnte die Deutschland-Expansion nur eine Tarnung sein. Sie sei der Versuch der Migros, jenseits des Rheins an günstigere Markenprodukte in hohen Mengen zu gelangen, hallt es aus der Branche. Die Hersteller verkaufen ihre Ware den Schweizer Händlern seit Jahren über ihre ­hiesigen Tochtergesellschaften zu überteuerten Preisen. Galaxus.de könnte so Pampers, Gillette oder Nivea günstiger direkt in Deutschland ­einkaufen und über ­ihren «EU-Hub», ein neues Verzollungscenter in Weil am Rhein, in die Schweiz holen.

Bei Digitec Galaxus widerspricht man lächelnd: Das sei durchaus eine ernste Sache. Die Logik liege in der Skalierbarkeit, für einen Onlinehändler, der mit der Weltspitze ­mithalten wolle, sei der Schweizer Markt eben viel zu klein.

Es zeigt, dass die Ambitionen hoch sind. Genauso wie das Selbstvertrauen. Der Siroop-Flop hat seinen Teil dazu beigetragen. Es wird gerne gespottet im M-Konzern am Zürcher Limmatplatz, wo CEO Fabrice Zumbrunnen viele Mittel in die Online-Expansion steckt. Man sieht sich als Speerspitze des E-Commerce. Die Umsätze geben der Migros recht. Sie weist derzeit 1,95 Milliarden aus, Coop kommt auf 1,71 Milliarden. Das Wachstum ist bei beiden gross.

Seit Jahren kopiert man sich schamlos und versucht, Schwächen des Gegners auszunutzen. Als Siroop Ende 2015 an den Start ging, nannte sich Galaxus plötzlich auch Marktplatz. Zwar bot Galaxus schon zuvor Waren von Dritt­händlern an, sah das selber aber nie als marketingtechnischen Vorteil. Nebenbei holte sich Galaxus als kleinen Coup den Haustier­bedarfshändler Qualipet exklusiv ins Boot. Siroop wiederum vermeldete das Angebot von Brack.ch auf seinem Marktplatz als Gross­erfolg. Hinter vorgehaltener Hand verweisen beide Seiten gegenüber Journalisten regelmässig auf Verfehlungen der Konkurrenz. Als im April das Ende von Siroop bekannt gegeben wird, macht ein Hinweis auf Twitter die Runde: Wer bei Galaxus das Stichwort «Reissleine» in die Suchmaske eingibt, dem wird ein Sirup empfohlen. ­«Marketing at its best», kommentierte einer.

Dass Siroop gegenüber Galaxus den Kürzeren zog, hat auch mit fehlendem Mut zu tun. Man wollte explizit keine ausländischen Händler auf der Plattform. Eine Anbindung an ein deutsches Onlinehändler-Netzwerk wurde von der Chefetage explizit unterbunden. Qualität statt Masse: eine fatale Fehleinschätzung. Von den vielen kleinen Schweizer Händlern hatten die wenigsten Online-Erfahrungen. Ihre Anbindung an die ­Siroop-Software scheiterte in zahlreichen Fällen, und die Qualität der Sendungen ging weit aus­einander. Selbst Coop-Mitarbeiter, welche bei ­Siroop bestellten, klagten am Hauptsitz wiederholt über den unberechenbaren Service.

Immerhin im Food-Bereich wird Coop der Migros langsam gefährlich. Hier teilen sich die beiden Riesen 99 Prozent des Marktes. Zwar verweist die Migros-Tochter LeShop Coop@home auch hier auf Platz zwei, doch Letztere wächst inzwischen viel schneller. Strategisch werden die beiden Töchter noch immer eher stiefmütterlich behandelt. Der Konkurrenzkampf ist darum auch kleiner. «Wir haben gemeinsam daran gearbeitet, den Schweizer Konsumenten zum Onlinekauf zu animieren», resümiert Ex-LeShop-Chef Dominique Locher sein Verhältnis zu Coop@home-Chef Philippe Huwyler.

Dritthändler aus Deutschland auf Galaxus

Ganz anders im Non-Food, wo Galaxus nun Dritthändler aus Deutschland auf ihren Marktplatz holt. Die Ware kommt via EU-Hub ins Land. Wie es Galaxus nach ­eigenen Angaben schafft, dank ­einer Software­lösung mit relativ wenig ­Personal die komplexe Verzollung zu vollziehen, will das Unternehmen «aus Konkurrenzgründen» im Detail nicht verraten. Stefan Fraude, der Marktplatzverantwortliche bei Ga­laxus, betont, dass man nur mit Dritthändlern zusammenarbeite, die ihre hohen Qualitätsansprüche erfüllen. «Wir wollen mit einer überschaubaren Anzahl an Händlern aus dem europäischen Raum das Optimum für unsere Kunden erzielen», sagt Fraude.

Klasse statt Masse? Wenn Galaxus daran festhält, wird Jan Bomholt und sein Fast-Marktplatz MeinEinkauf.ch kaum Kunden verlieren. Denn der sogenannte Long Tail – Produkte jenseits der Megaseller iPhone und Co. – ist seine Basis. «Je grösser Galaxus im Long Tail wird, desto mehr verlieren wir», erklärt Bomholt. Doch auf absehbare Zeit rechnet er mit höchstens fünf Prozent Umsatzeinbruch. Behält der Unternehmer recht, entkäme er für diesmal den Detailhandels-Walzen Migros und Coop.

https://www.bilanz.ch/people/die-nachste-schlacht-jenseits-von-amazon

 

"Amazons Prime-Day-Party findet ohne Schweizer statt" - Handelszeitung

Handelzeitung, vom 13. Juli 2018

https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/amazons-prime-day-party-findet-ohne-schweizer-statt

von Bastian Heiniger - Hierzulande haben geschätzt mehr als 100'000 Personen einen Prime-Zugang von Amazon. Dabei profitieren Schweizer kaum davon.


Amazon geht auf Kundenfang. Zum dritten Jahr in Folge zelebriert der Online-Gigant vom 16. bis 17. Juli seinen Prime Day – einen selbst erfundenen Feiertag für Internet-Shopper. Eine riesige Rabattschlacht. Das Pendant zum Singles Day des chinesischen Konkurrenten Alibaba, der letzten November für einen Rekord-Umsatz von 25,3 Milliarden US-Dollar sorgte. Amazon hingegen erzielte 2017 nur 2,4 Milliarden.
Ein Flop ist der Prime Day aber nicht, im Gegenteil. Denn Amazon hat ganz andere Absichten als Alibaba: Während am Singles Day die verschiedenen Marken mit Rabatten im Vordergrund stehen, dreht sich der Prime Day primär um Amazon selbst. Zwar lockt der Online-Marktplatz mit Rabatten für mehr als eine Million Produkte –  von Lebensmitteln, Haushaltsgeräten, Kleidern bis zum Computer, Fernseher und Möbel. Am meisten bewirbt er jedoch die hauseigenen Geräte, etwa der smarte Lautsprecher Echo, der eBook-Reader Kindle oder Amazons Tablet Fire.

Rabatte als Köder für Mitgliedschaft

Die Aktionen dienen als Köder. Denn der Prime Day bezweckt vor allem eines: Neue Mitglieder für das Kundendienstprogramm Amazon Prime gewinnen. Wer nämlich von den Schnäppchen profitieren will, braucht eine Mitgliedschaft. Amazon wirbt zwar mit einer kostenlosen Probezeit von 30 Tagen. Doch die wenigsten kündigen danach, wie eine Analyse des Consumer Intelligence Research Partners (CIRP) zeigt: 73 Prozent der Nutzer bleiben, auch wenn der Dienst kostenpflichtig wird.


Für Amazon ist Prime eine Erfolgsmodell: Die Mitgliedschaft bindet den Nutzer – finanziell und psychologisch. Mitglieder entrichten nicht nur eine Jahresgebühr von bis zu 119 US-Dollar. Sie geben laut CIRP jährlich 600 Dollar mehr aus auf der Plattform als normale Kunden. Weltweit besitzen 100 Millionen Personen eine Mitgliedschaft. In den USA haben unterdessen fast die Hälfte aller Haushalte einen Prime-Zugang.

So viele Schweizer nutzen Amazon Prime

Wie sieht es in der Schweiz aus? Das Forschungszentrum für Handelsmanagement der Universität St. Gallen führte dazu eine Befragung durch. Und veröffentlichte im Januar das Resultat in einem Gastbeitrag in der «Handelszeitung». Das Ergebnis: In der Schweiz sollen 10 Prozent über einen Prime-Zugang verfügen – das wären 800’000 Personen. In der Branche sorgte die Zahl für Aufsehen. Zustande kam sie wie folgt: Die Forscher befragten 3000 Personen, von denen 46 Prozent angaben, bei Amazon zu bestellen. Von ihnen gaben 21 Prozent an, Prime zu haben. Das Ergebnis wurde dann auf die gesamte Bevölkerung hochgerechnet.


Thomas Lang, Unternehmensberater für E-Commerce, hat daraufhin die Zahl im Auftrag eines grossen Detailisten geschätzt, wie er auf Anfrage mitteilt. Lang geht davon aus, dass von insgesamt einer Million Schweizer Amazon-Kunden 100’000 bis 150’000 Prime-Mitglieder sind. Wahrscheinlich ist selbst diese Zahl noch hoch angesetzt.
Denn Schweizer profitieren kaum von Amazon Prime. Die beiden grossen Vorteile des Dienstes: eine versandfreie Lieferung, die innerhalb von 24 Stunden im Briefkasten ist. Beides gilt nicht für die Schweiz. «Wenn wir von Prime-Angeboten im Bereich Online-Handel sprechen, dann ist mir nicht bekannt, dass dies in der Schweiz effektiv funktioniert», sagt Patrick Kessler, Präsident des Schweizerischen Verband des Versandhandels (VSV). Vielleicht ändere sich das, wenn Amazon die Verzollung in den Griff bekomme. Ähnlich sieht das Jean-Claude Frick, Digitalexperte beim Vergleichsportal Comparis: «Für Schweizer Kunden lohnt sich Amazon Prime eigentlich nicht.» Und die Zusatzdienste wie etwa Prime Video und Prime Music seien in der Schweiz weniger attraktiv als in den USA.

Obwohl Amazon noch nicht mit der geballten Schlagkraft in der Schweiz präsent ist, wächst der Einfluss. Hierzulande ist der Marktplatz mit einem Umsatz von 575 Millionen Franken bereits der drittgrösste Onlineshop – hinter Digitec und Zalando. Das zeigen die am Donnerstag veröffentlichten Zahlen der E-Commerce-Beratungsfirma Carpathia.


Was ändert der Amazon-Deal der Post?


Der Deal, den die Schweizerische Post mit Amazon abschloss, dürfte aber an der Tatsache, dass sich Amazon Prime hierzulande kaum lohnt, nichts ändern. Zwar übernimmt die Post im Verlauf dieses Jahres die Importverzollung und Zustellung in der Schweiz. «Die Post baut für Amazon jedoch keine spezielle Logistikinfrastruktur auf», sagt Post-Sprecher François Furer auf Anfrage. Die Dienstleistungen für Amazon würden ausschliesslich mit Standardprozessen erbracht, in die sich Amazon einfüge. Ob mit Prime bald auch gratis in die Schweiz geliefert werde, liege in der Hand von Amazon. Auf eine entsprechende Anfrage ging Amazon nicht ein. Jedenfalls deutet derzeit nichts darauf hin, dass der Dienst in der Schweiz etabliert würde.


Und so ist der von Amazon hochgekochte Prime Day in der Schweiz höchstens ein lauwarmes Süppchen. Jan Bomholft, Gründer von meineinkauf.ch, sagt: «Letztes Jahr hat sich der Prime Day bei uns nicht stark bemerkbar gemacht.» Über Bomholts Portal können Schweizer Kunden in Deutschen Onlineshops Waren bestellen, die nicht in die Schweiz geliefert werden; gerade auf Amazon gilt das noch immer für viele Produkte. Insgesamt verzeichnete er lediglich 11 Prozent mehr Bestellungen. Ein Grund ist laut Bomholt auch, dass Amazon besonders Elektronik-Artikel mit Rabatten bewirbt. Und diese bestellten Schweizer eher bei Digitec und Brack. «Der Black Friday im November ist für uns wichtiger», sagt Bomholt. Und so werden sich hierzulande viele Online-Shopper noch bis zur grossen vorweihnachtlichen Schnäppchenjagd gedulden.
 

https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/amazons-prime-day-party-findet-ohne-schweizer-statt

 

 

"Die Grenze für Amazon-Pakete öffnen" - NZZ vom 23. Mai 2018

www.nzz.ch/wirtschaft/die-grenze-fuer-amazon-pakete-oeffnen-ld.1388099

Christoph G. Schmutz, 23.5.2018, 17:02 Uhr

Detailhändler in der Schweiz fürchten sich schon lange vor dem Moment, da in der Schweiz das Vollsortiment von Amazon verfügbar sein wird. Das ist noch nicht der Fall. Dazu müssten zuerst administrative Hürden an der Grenze abgebaut werden.

Schweizer Konsumenten können auch weiterhin nicht auf das volle Amazon-Sortiment zugreifen, trotz dem jüngst publik gewordenen Abkommen zwischen dem US-Onlinehändler und der Schweizerischen Post. Das geht aus Daten hervor, die Jan Bomholt, Gründer und Geschäftsführer der Firma Meineinkauf, am Mittwoch veröffentlicht hat. Meineinkauf bietet Schweizer Kunden gegen ein Entgelt an, Amazon-Produkte einzukaufen, als würden sie in Deutschland wohnen, und liefert diese dann nach Hause. Die Firma wurde 2012 gegründet und beschäftigt mittlerweile 60 Mitarbeiter. Dank dieser Position als Vermittler weiss das Unternehmen, was Schweizer Konsumenten bei Amazon Deutschland einkauften, wenn sie die Privilegien eines deutschen Wohnsitzes besässen.

Das Amazon-Vollsortiment wird auf 300 Mio. Artikel geschätzt. Bereitgestellt werden die Produkte auf der deutschen Plattform von Amazon selbst sowie von über 100 000 von der amerikanischen Firma unabhängigen Verkäufern. Die Drittanbieter wiederum nutzen teilweise die Lieferlogistik von Amazon. Das Abkommen mit der Post betrifft aber laut Bomholt nur das Eigensortiment der US-Firma. Die Schweizer Konsumenten, die über Meineinkauf bei Amazon Deutschland einkaufen, beziehen aber 80% ihrer Waren bei Dritthändlern. 2017 waren das 13 000 unterschiedliche Anbieter. Diese Händler müssen aber weiterhin über eine eigene Zoll-Lösung für den Export aus der EU und für den Import in die Schweiz verfügen, wenn sie ihre Produkte direkt in die Schweiz einführen möchten. Ab Anfang 2019 muss ferner jeder Händler, der weltweit mehr als 100 000 Fr. Umsatz generiert, in der Schweiz die Mehrwertsteuer abführen.

Diese Hürden dürften weiterhin Tausende von kleinen Händlern davon abhalten, in die Schweiz zu liefern. Das ist bedauerlich. Amazon müsste also noch einen grossen Effort leisten, um das Vollsortiment hierzulande leichter zugänglich zu machen.

www.nzz.ch/wirtschaft/die-grenze-fuer-amazon-pakete-oeffnen-ld.1388099

"Zahlen Schweizer Online-Kunden bald EU-Preise?" - NZZ vom 8. Februar 2018

Liebes NZZ-Team: Danke für den Bericht. Was wir ergänzen möchten: Die Mehrheit der Kunden von MeinEinkauf.ch kauft nicht wegen Preisunterschieden, sondern weil ein Grossteil des Amazon.de Sortiments von über 100'000 Marktplatz-Händlern nicht in die Schweiz lieferbar ist.

Das MeinEinkauf.ch Team

www.nzz.ch/wirtschaft/gibt-es-bald-eu-preise-fuer-schweizer-online-kunden-ld.1355256

Ausweichmanöver für Kunden

https://www.nzz.ch/wirtschaft/gibt-es-bald-eu-preise-fuer-schweizer-online-kunden-ld.1355256

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Ausweichmanöver für Kunden

Jeder Schweizer Wunsch nach einem neuen Abkommen mit der EU reibt sich an der derzeitigen Blockade in den Verhandlungen über einen Rahmenvertrag Schweiz - EU. Immerhin kann Bern das Geo-Blocking auch in eigener Regie verbieten, doch die Durchsetzung wäre wohl eher schwierig – vor allem wenn Anbieter keine physische Präsenz in der Schweiz haben. Weltkonzerne, die einen Ruf zu verlieren haben, sind unter Umständen laut Beteiligten auch ohne physische Schweizer Präsenz bereit, auf ein hiesiges Rechtsverfahren einzusteigen. Aber das muss nicht für alle anderen Anbieter gelten.

Immerhin können Schweizer Konsumenten das Geo-Blocking von EU-Anbietern in manchen Fällen relativ leicht umgehen. So gibt es eine Vielzahl von Lieferadressen im grenznahen Raum für Schweizer Kunden, die ausländische Preise wollen und bereit sind, bestellte Güter selber abzuholen. Eine Alternative bieten Vermittler wie Meineinkauf.ch: Von Schweizer Kunden bestellte Waren aus der EU (vor allem Deutschland) gelangen an die Firmenadresse des Vermittlers in Konstanz; dieser besorgt die Verzollung und übergibt die Ware dann in der Schweiz an die Post. Der Schweizer Kunde erhält deutsche Preise (inkl. deutscher Mehrwertsteuer) und zahlt dazu dem Vermittler eine Gebühr von Fr. 14.90 bis zu einer Sendung von 10 Kilogramm.

Der Vermittler lebt vor allem von der Differenz zwischen Schweizer und deutscher Mehrwertsteuer. Im Mittel verarbeitet die Firma laut Betriebsleiter Alexander Fischer mit derzeit rund 50 Mitarbeitern etwa 400 bis 500 Pakete pro Tag. In Einzelfällen komme es aber auch vor, dass deutsche Lieferanten sich mit Verweis auf die Marktabgrenzung weigerten, die Vermittler zu beliefern.

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